Freitag, 28. Februar 2020

Gestatten, Gebrüder Teichmann


Die Produktion „M’Orpheo“ zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie zwei höchst unterschiedliche musikalische Genres zusammenbringt: Auf der einen Seite die Musik Monteverdis, die den Ursprung der Oper markiert und als Wendepunkt zwischen Renaissance und Barock gesehen werden kann, auf der anderen Seite die Techno-Kompositionen der Gebrüder Teichmann, die sich an den Ursprüngen der Techno-Musik und der elektronischen (Tanz-)Musik orientieren.



Die Gebrüder Andi und Hannes Teichmann sind zwei in Berlin ansässige elektronische Musiker, Djs, Labelmacher und Kulturaktivisten.
Sie sind verwurzelt in der Techno und DIY Szene der 90er-Jahre und angetrieben von der Idee, improvisierte musikalische und soziale Räume zu schaffen, in den Menschen und Ideen aufeinandertreffen.
Ihre Kinderjahre haben die Brüder in den frühen 80er-Jahren im Jazzclub ihrer Eltern im ostbayrischen Kneiting bei Regensburg erlebt. Dort gaben sich Bands und Musiker wie Peter Brötzmann, Luten Pedrovsky, Gunther Hampel, Jean Lee, Embryo, aber auch Malaria oder afrikanische und indische Musiker, wie der Tablaspieler Shankar Lal, die Klinke in die Hand.

Der eigene musikalische Weg der Brüder beginnt im Alter von 10 bzw. 12 Jahren mit der Punkband Totalschaden. Es folgt die Gruppe beigeGT, mit der sie zwei Alben auf dem Hamburger Schule-Label L’age D ’or veröffentlichen.
Parallel werden sie von der Anfang der Neunziger aufkommenden Club- und Technoszene mitgerissen. Sie fangen an aufzulegen, zu produzieren und gründen ihr eigenes Label Festplatten. Bald folgen Veröffentlichungen auf Kompakt oder Disko B. Als elektronisches Live-Duo sind sie zunächst vorwiegend im Clubkontext zuhause. Bald fühlen sie sich davon eingeengt, bei ihren elektronischen Livesets auf vorgefertigte Rhythmen und Sequenzen zurückgreifen zu müssen, und entwickeln Techniken, die sowohl ein freies und direktes Spiel der Maschinen, als auch mit anderen Musikern erlaubt. Die Möglichkeit der direkten Interaktion führt sie auch in Bereiche der traditionellen, Neuen und experimentellen Musik.

Ihre jüngere Arbeit ist von genreübergreifenden Kollaborationen und elektronischer Liveimprovisation geprägt. Sie arbeiten ua. mit der Perkussionistin Robyn Schulkowsky, dem Ensemble Extrakte, dem Ensemble Modern, dem Komponisten und Zitheristen Leopold Hurt, der Weltmusiklegende Embryo, mit Technoproduzenten wie dem New Yorker Foremost Poets oder dem Detroiter Gary Martin aka Teknotika, mit dem nigerianischen Perkussionisten Wura Samba, mit angolanischen Kuduro-Künstlern, kenianischen Hip Hop-MCs, aber auch mit Ihrem Vater, dem Multiinstrumentalisten Uli Teichmann. Mit dem Goethe-Institut initiierten sie seit 2008 diverse interkulturelle Musikprojekte u. a. in Kenia, Pakistan und Mexiko, deren musikalische Ausbeute sich auf den Alben BLNRB - Berlin Nairobi (Out|here Records), TEN CITIES - Europe Africa (Soundway Records), Karachi Files (NOLAND) und im experimentellen Ensemble MONDMASCHINE mit zentralamerikanischen, mexikanischen und deutschen Musikern und Videokünstlern wiederfindet.
Hiervon inspiriert wurde 2015 das Label NOLAND geboren, dass sich auf die Suche nach Diversität und einer gemeinsamen musikalischen Sprache macht, die die Grenzen zwischen traditioneller, aktueller und experimenteller Musik überwindet. In Berlin kuratierten sie Abende im Haus der Kulturen der Welt, das Festival „From Inside To Way Out – Perspectives From Contemporary Pakistan“ im HAU, Hebbel Am Ufer, die African Music Convention 2014, den Abschlussabend der Deutsch-Afghanischen Kulturwoche 2015 und sind seit 2009 Gastgeber der Festplatten Family-Abende im Techno Club Suicide Circus.
Foto: Brenda Alamilla

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